MYTHEN - ORTE - SIGNALE

Wilhelm Holderied "…GLEICHZEITIG ZWISCHENWELTEN..."

Ausstellung vom 13. Mai bis 23. Juli 2017

Modelle aus Kork beflügelten im 18.Jh. die Phantasie derer, denen die kulturellen Schauplätze der Antike nicht zugänglich waren. In jener Zeit bildeten sie die Basis für wissenschaftliche Studien,
und waren Wegbereiter für die rasante Entwicklung des Klassizismus in der Architektur. Sie wurden jedoch nicht nur als Abbilder einer unbekannten Kultur verstanden, sondern sprachen durch ihren „beseelten“ Ausdruck auch die Emotionen des Betrachters an, was der aufkeimenden Sehnsucht nach Romantik visuellen Nährboden verschaffte.

Später entwickelte sich die Reiselust zur Ausdrucksform der Wohlstandsgesellschaft, und versprach grenzenlose Expansion für Ideologie und Geist. Heute ist kaum ein Fleck unseres kulturellen Erbes unentdeckt, und kann mit Hilfe moderner Medien jederzeit wieder abgerufen werden.
Das dünne Eis dieser scheinbaren Überlegenheit offenbart sich jedoch dann, wenn Zeugnisse unserer kulturellen Vergangenheit für immer ausgelöscht werden, und wir einzig auf Erinnerung und Abbilder zurückgreifen können.

Schon zu Beginn der 80er Jahre war der gelernte Bauzeichner Dieter Cöllen von der großen Ausdruckskraft der Phelloplastiken alter Meister wie Antonio Chichi, Augusto Rosa und Carl May begeistert. Als erfahrener Modellbauer wusste er über die Schwierigkeit, Verfall würdevoll darzustellen, aber erst Studien an unrestaurierten Exponaten aus dem 18.Jh. gaben ihm die entscheidenden Hinweise, diese zu meistern.
Kork verkörpert das Chaos schlechthin. Er wirkt als Baumaterial zunächst völlig ungeeignet, da er seinen eigenen „Willen“ besitzt. Erst wenn man diese Eigenschaft für seine eigenen Zwecke zu nutzen versteht, befindet man sich auf dem richtigen Weg, Verfall im Stein nachzubilden.
Genau dieser Verfall hat Cöllen immer fasziniert. Auf seinen vielen Reisen in den Orient, hat er die Ausdrucksformen der Vergänglichkeit an antiken Bauwerken studiert, und fand sich nun in der Lage, diese adäquat in Miniaturen zu „übersetzen.“
Roher Kork spricht jedoch eine sehr archaische Sprache, die erst durch den Einsatz von Farbe an Seele gewinnt. Wenn wir uns von einem antiken Monument verzaubern lassen, dann geschieht das um so intensiver bei niedrigem Sonnenstand. Lange Schatten verstärken die Konturen, und der steigende Rotanteil im Licht, lässt uns von „Wärme“ sprechen. Um dies auch im Modell zu erreichen, behandelt Cöllen seine Objekte mit Naturpigmenten, die er teils an verschiedenen Fundstellen selbst schürft, und zu einer geeigneten Tinktur verarbeitet, die in den Kork eindringt, ähnlich wie bei der Herstellung eines Freskos.

Korkmodelle von Dieter Cöllen finden sich heute bei Sammlern und Museen in der ganzen Welt,
getragen vom Bedürfnis nach Präsenz unseres kulturellen Erbes. Dieser Zugang zu Erinnerung ist für Cöllen ein Hauptanliegen. Die mutwillige Zerstörung des Bel-Tempels in Palmyra im August 2015, war daher ausschlaggebend für seinen Entschluss, dieses symbolträchtige Monument wieder physisch erlebbar zu machen. Das erste Modell des Tempels wurde genau am 1. Jahrestag seiner Zerstörung fertiggestellt, und zeigt das Bauwerk vor seiner Sprengung. Grundlage für Cöllen´s Arbeit bildeten eine große Anzahl von Grabungsplänen und Fotos, die unter Mitwirkung namhafter Archäologen Schritt für Schritt umgesetzt wurden. Zum Konzept gehört die Erweiterbarkeit der Anlage, da ein Ende der Barbarei leider nicht absehbar ist.
Die große Resonanz auf seine Arbeit, hat Cöllen bewogen, eine Edition des Bel-Tempels aufzulegen. Mitstreiter zum Erhalt unseres kulturellen Gedächtnisses erhalten somit die Möglichkeit, aktiv Stellung zu beziehen, sowie ein vergessenes Kunsthandwerk am Leben zu erhalten.
Als Zukunftsprojekt plant Cöllen mit Unterstützung von Sponsoren eine Galerie unseres bereits zerstörten Weltkulturerbes, sowie zu protegierender Zeugnisse unsere Geschichte, denn:
„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“ (Wilhelm von Humboldt)

D. Cöllen, Feb. 2017

Diether Kunerth - "Santorin"

Ausstellung vom 13. Mai bis 12. November 2017

Als Student kam ich 1965 zum ersten Mal nach Santorin. Mit zwei Kommilitonen erreichten wir mit dem Schiff von Kreta kommend nachts die Insel. Es gab damals nur einen Eselpfad, steil den abschüssigen Südhang hinauf nach der Inselhauptstadt Thira. Auf halbem Kletterweg übernachteten wir mit unseren Schlafsäcken in einer Höhle. Als wir den Sonnenaufgang erlebten, waren wir überwältigt von der gewaltigen Kraterrandsituation. Uns wurde jetzt erst bewusst, dass wir auf einer gefährlichen und grandiosen Felswand den Schlaf von übermüdeten und jugendlich leichtfertigen Reisenden genossen hatten. Die Eseltreiber, die sich zur nächsten Schiffsankunft aufmachten und an uns vorbeiritten, amüsierten sich köstlich, drei junge Nesthocker aufwecken zu können. Diese Erlebnisse und die folgenden Reisewochen waren der Beginn einer lebenslangen Liebe zu einem Land, das mir bis heute Inspirationen schenkt und mich auf unser kulturelles Erbe stolz macht. Öfter besuchte ich diese faszinierende Insel, um dort zu malen, zu fotografieren und meine „land-light-paintings“ zu gestalten. Zur letzteren Technik klopfte ich an steilen Inselrändern Eisenstangen in den brüchigen Vulkanerdeboden, spannte durchsichtige Plastikfolien und malte auf diesen meine Geschichten von Ikarus, von Liebespaaren, die sich sonnenverliebt in abgrundgefährlichen Situationen traumwandlerisch den Existenzgrenzen auslieferten. Ich entdeckte immer wieder auf schwarzer oder roter Vulkanerde Motive von atemberaubender Intensität. Ich wurde von lieben Menschen in ihren großartigen, weißen, kubistischen Häusern gastfreundlich als Mieter aufgenommen, erlebte an den Vulkanrändern die aufgehende und untergehende Sonne, die der weißen Häuserarchitektur einen zarten rosa oder blauen Aquarellton verlieh. Übernachtete ich im Gebirge, so genoss ich den Schlafsack, der die nächtliche Kühle milderte, aber den Inselgesang der Winde nicht wegstrich. Jedes Inseldorf hatte einen eigenen Charakter, allen gemeinsam war, dass sich die Bewohner gleichen in ihrer Genügsamkeit und Offenheit den Gästen gegenüber. Genügsam deshalb, weil sie wissen, dass auch sie hier nur Gäste sind, glücklich, dass ihnen die Insel zum einen sehr guten Wein schenkt und sie außerdem eine ungewöhnliche Landschaft haben, die ihnen zwar kaum Nahrung für ihre Tiere, Ziegen, Esel und Hunde liefert, dafür aber ein Lebensgefühl gibt, dass jeder Tag ein neues Geschenk ist. Denn der schwarze, dreieckige Vulkanberg im Süden ist allgegenwärtig sichtbar und erinnert daran, dass Santorin eine Kraterinsel ist und die Gefahr eines neuen Ausbruchs nicht ausgeschlossen werden kann.

In menschengeschichtlicher Zeit fand hier einer der größten Vulkanausbrüche statt und der Ascheregen verdeckte die minoische Kultur auf Kreta für immer. Diese Stätte beschrieb der Philosoph Plato als das untergegangene Atlantis, nämlich das sagenumwobene, mystische Santorin.

Diether Kunerth, im Januar 2017


Ausstellende Künstler

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